Mit dem Beginn der Pubertät nimmt die Fähigkeit, eine Fremdsprache zu erlernen, deutlich ab. Kleinkinder tun sich da deutlich leichter. Also einfach früher anfangen? Das Konzept, bereits in der Grundschule Fremdsprachen zu lernen, hat nicht den erwarteten Effekt. Warum ist das so, und was kann man besser machen?
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Kleinkinder lernen anders
Unser Gehirn vollbringt beim Erlernen einer Sprache eine Meisterleistung. Das Beherrschen von Regeln, die aus Wörtern komplexe Sätze machen, ist eine Eigenschaft, die den Menschen von den intelligentesten Tieren unterscheidet. Im Gehirn sind zwei Regionen daran beteiligt. Das Wernicke-Areal nutzen Säuglinge schon ab dem sechsten Lebensmonat, um Wörter abzuspeichern. Das Broca-Areal ist für die Syntax zuständig, also den korrekten Satzbau. Im Laufe der Entwicklung verbinden sich beide Bereiche miteinander. Neurowissenschaftler haben herausgefunden, dass das Gehirn an denselben Stellen aktiv ist, wenn wir Fremdsprachen lernen. Der Unterschied: In den ersten Lebensjahren werden mehrere Sprachen parallel erlernt (synthetischer Spracherwerb), das Hirn unterscheidet praktisch nicht zwischen ihnen. Das Broca-Zentrum wird bei einem grammatikalisch falschen Satz Alarm schlagen, egal, in welcher Sprache es den Fehler registriert hat. Dass dadurch das Lernen behindert wird, ist eine Fehleinschätzung, die bereits in den 1960er-Jahren revidiert wurde. Ab dem dritten bis vierten Lebensjahr ändert sich der Spracherwerb bereits, ab dem siebten Lebensjahr nimmt die Fähigkeit des parallelen Lernens deutlich ab. Jugendliche und Erwachsene lernen eine Fremdsprache nur noch bewusst über Vokabeln und Strukturen, also eher vergleichbar mit Mathematik oder Naturwissenschaften als mit der Muttersprache.
Start im Kindergarten und im Elternhaus
Fremdsprachen im Grundschulunterricht kommen also zu spät für den synthetischen Spracherwerb. Ein Start im Kindergarten verspricht mehr Erfolg, muss aber methodisch an diese Lebensphase angepasst werden. Es hat keinen Sinn, Kita- und Vorschulkinder Vokabeln büffeln und Grammatik-Regeln lernen zu lassen. Du kämst ja auch nicht auf die Idee, mit deinem Kind Vokabeln seiner Muttersprache zu pauken. Kinder müssen die zweite Sprache hören und erleben. Das ist in einem deutschsprachigen Haushalt vielleicht gar nicht so einfach, lässt sich aber in einer multikulturellen und digitalen Gesellschaft doch recht gut umsetzen:
- Gibt es Freunde, die eine andere (für dein Kind interessante) Muttersprache haben? Fördere solche Freundschaften, und lass‘ auf jeden Fall zu, dass die Freundin oder der Freund in seiner Sprache spricht. Die beiden werden sich schon verständigen und gegenseitig profitieren.
- Nutze das Internet, Kabel- oder Satelliten-Fernsehen, um dein Kind die fremde Sprache hören zu lassen. Filme, Podcasts oder spezielle Lerninhalte sind gute Möglichkeiten.
- Fördere das Interesse an dem Land, dessen Sprache erlernt werden soll. Schaut euch Webseiten, Bilder und Videos an, lernt Land und Leute kennen. Die Krönung ist ein Urlaub, in dem dein Kind mit vielen Native Speakern zusammenkommt und seine sprachlichen Fähigkeiten ausprobieren kann.
- Außerhalb der Urlaubszeit gibt es vielleicht Spielgruppen, in denen zum Beispiel fremdsprachige Lieder gesungen oder Geschichten gelesen und erzählt werden.
Keine gute Idee ist es dagegen, zu Hause in der neuen Sprache zu reden, wenn du sie nicht akzentfrei und mindestens auf Niveau C1 beherrschst. Sonst besteht die Gefahr, dass sich deine falsche Aussprache oder Grammatik auf das Kind überträgt.
Bild: Bigstockphoto.com / Yuliya Shustik